Mach's wie Jesus: Arsch hoch für dein Kreuz!

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So. Nachdem ich nun auch die Aufmerksamkeit der netzaktiven Christen erhaschen konnte, kommen wir zum Thema. Es geht los. Am 24.09.2017 ist Bundestagswahl. „Gäääähn, geh' mir doch nicht mit dem Quatsch auf den Sack! Die da oben machen doch eh, was sie wollen!“. Na, herzlichen Glückwunsch! Genau dich möchte ich mit diesem Beitrag ansprechen. Lies ruhig weiter. Im Folgenden werde ich versuchen, dir zum einen einige Argumente für eine funktionierende Demokratie und somit Wahlbeteiligung zu liefern und zum anderen einige Denkanstöße in Richtung der Alternative für Deutschland (kurz: NSDAP AfD).

Das Recht zu wählen ist ein Privileg

Eine Floskel, die uns heute und vor allem im Vorfeld zu Wahlen häufig um die Ohren pfeift. Und dennoch: jedes einzelne Wort daran ist wahr. Schau dich in der Welt um. Ein Blick in den Nahen Osten, in die Türkei, weiter nach Osten in Richtung Asien, einmal nach Nordkorea gucken oder die jüngsten Entwicklungen in Venezuela verfolgen. Größtenteils übrigens Länder, die nicht müde werden, offiziell und nach außen zu behaupten, eine Demokratie zu pflegen. Wir alle wissen, dass die Demokratie als solche in diesen Staaten mit Füßen getreten und schlussendlich schlicht abgeschaltet wird. Obendrein bedienen sich die Staatschefs der neopolitischen Maschen der Fake News, Halbwahrheiten und des Populismus'. Wer im Weg ist, wird dem Pöbel als Feind der Demokratie vorgeworfen oder als Unterstützer terroristischer Vereinigungen. Wir schaffen es spielend, diese Schurkenherrschaften auf eine Linie mit dem Führer des Dritten Reichs zu stellen. In unserem eigenen Land sind wir währenddessen blind wie ein Maulwurf in der Mittagssonne. Wenn du dich also schon einmal darüber aufgeregt hast, dass Herr Erdogan in Deutschland sprechen möchte, deine Landsleute als Nazis beschimpft hat oder deutsche Journalisten als Terrorunterstützer bezeichnet und monatelang einsperrt, dann denke einmal genau darüber nach, warum DU das ausgerechnet in deinem Heimatland billigend in Kauf nehmen würdest.

Was macht die AfD mit Gegnern?

Diskutieren? Nein. Verhandeln? Im Leben nicht. Konsens finden? Hehe. Gegner werden konsequent dem Mob vorgeworfen und mit Halbwahrheiten denunziert und beleidigt. Wenn der Hass-Mob Fahrt aufnimmt, wird in den eigenen Reihen das Für langsam größer als das Wider und bei diesen Methoden („Entweder bist du für uns oder ein Feind des Vaterlandes.“) wundert es nicht, dass die Überlebenden der in der Versenkung verschwundenen NPD oder Republikaner bei der AfD eine neue Heimat finden. Schlimmer noch als die altbekannte Neonazi-Szene mit ihren plumpen Parolen und Propagandabläsern sind die neuen, hippen Bewegungen. Die Identitären sympathisieren mit Teilen der AfD und umgekehrt. Das Bemerkenswerte ist: es ist erwiesen und es kann in diversen Fällen belegt werden, aber es interessiert die deutsche Wählerschaft offensichtlich einen feuchten Kehricht. Hier marschieren Faschisten mit Rassisten und Extremisten in gemeinsamen Reihen auf den Bundestag zu und nur, weil sie eine Dackelkrawatte tragen oder verhältnismäßig junge Blondinen sind, ist das OK? Ich verstehe einfach nicht, was bei uns schiefläuft, dass wir diese Zeichen nicht klar deuten. Diesmal, und das ist verdammt sicher, wird niemand später sagen können, er habe das alles doch gar nicht gewusst. Niemand in Deutschland darf den Fehler wiederholen, den unsere Groß- oder Urgroßeltern in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gemacht haben: einfach geschehen lassen und anderen die Wahl überlassen. Noch haben wir alle eine Stimme. Auf dass sich dieses Noch niemals ändere!

Check: Protest- und Ungültigwahl

Eines der hartnäckigsten Gerüchte rund um die Bundestagswahl ist die statistisch wirksame ungültige Stimme. Hierbei wird der Zettel bemalt, Kreuze irgendwo falsch gesetzt, mehrere Kreuze gesetzt oder der Zettel wird einfach leer abgegeben. Den Menschen wird erzählt, die Stimme sei zwar keiner Partei zuzuordnen, zähle jedoch in der Stimmauszählung zur Anzahl abgegebener Gesamtstimmen.

Laut § 39 des Bundeswahlgesetzes ist eine ungültige Stimme...

  • nicht amtlich hergestellt (Anm.: vollständig ungültig)
  • nicht gekennzeichnet (Anm.: vollständig ungültig)
  • für einen anderen Wahlkreis gültig (Anm.: Erststimme zählt bei gleichem Bundesland, Zweitstimme ungültig)
  • ohne zweifelsfreie Erkennbarkeit des Willens des Wählers (Anm.: vollständig ungültig)
  • ein Dokument, das einen Zusatz oder Vorbehalt enthält (Anm.: vollständig ungültig)

Was die Menschen dazu veranlasst zu glauben, ungültige Stimmen würden das Ergebnis beeinflussen ist die Tatsache, dass ungültige Stimmen zum Zweck ihrer Angabe gezählt werden. Einen Einfluss auf das Wahlergebnis haben diese Stimmen allerdings nicht! Sie sind kein Teil der Wahlbeteiligung und somit keine Grundlage der prozentualen Berechnung der Partei-Anteile nach der Auszählung.

Neben den Ungültig-Wählern gibt es eine nicht gerade kleine Gruppe so genannter Protestwähler. Meist handelt es sich hier um enttäuschte Bürgerinnen und Bürger, die der Partei, der sie oft ihr Leben lang ihre Stimme schenkten, aus Protest nicht mehr wählen. Diese Unzufriedenheit mit der eigenen, ehemaligen Partei bewirkt bei entsprechender Masse eine Verschiebung der prozentualen Anteile. Das Phänomen war in früheren Jahren häufiger zu beobachten, wenn die Sonstigen Parteien plötzlich zusammengefasst einen höheren Anteil erhielten, jede für sich jedoch nach wie vor an der 5%-Hürde scheiterte.

Vermeintlicher Nutznießer dieses Protestwahlverhaltens ist derzeit die AfD, wie diverse Landtagswahlen gezeigt haben. Als aufstrebende Kandidatin für die Dritte Kraft kommt es der AfD nur zu Gute, dass der Pöbel den populistischen Quatsch frisst, den die Führer ihm hinwerfen. Das attestierte Versagen der Regierungsparteien wird so oft vorgebetet, bis es im Kopf wütender Bürger angekommen ist und schon gibt's ein weiteres Kreuzchen für die Reisegruppe Rassenhass. Sogar in den eigenen Reihen wird strategisch aussortiert, heuchlerisch werden Verfahren eingeleitet, Führungspersonen werden vom radikalen Flügel ins Abseits gestellt...

Es gibt die Violetten, es gibt die Tierschutzpartei, es gibt die Grünen, die Linke und es gibt die Partei Die Partei (sie ist sehr gut!). Kannst du dir nicht einfach eine von denen aussuchen, wenn du Merkel oder Chulztm eins auswischen möchtest?

Bedenke am 24. September:

Wer aus Protest die AfD wählt, trägt die Verantwortung dafür, dass zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland Nazis im heiligsten aller Symbole der Demokratie platznehmen: im Deutschen Bundestag!

Stichwort: Wahlbeteiligung

Du glaubst, dass deine kleine Stimme nichts bewirken kann? Das mag so sein, wenn der Rest aller Wahlberechtigten auch so denkt. In den letzten Wahlperioden ist die Wahlbeteiligung bis auf eine Ausnahme zwischen 2009 und 2013 um knapp 10% gefallen. Das sind einfach so über sechs Millionen Menschen, die von einer auf die andere Legislaturperiode nicht mehr zur Wahl gehen. Das sind mehr Menschen als die AfD Wähler haben wird. Während im Jahr 2002 noch 79,1% aller Wahlberechtigten an die Urne traten, waren es im Jahr 2009 gerade einmal 70,8%. Ein minimaler Anstieg um 0,7% war immerhin für die Bundestagswahl 2013 zu bemerken. Ein simples Rechenbeispiel zeigt dir im Folgenden recht schnell, was du als Ungültig- oder Nichtwähler in diesem Jahr bewirken kannst, wenn du dich motivierst, dein Kreuz korrekt und gültig zu setzen. Zur Not eben als Protest-Kreuz für eine der Sonstigen Parteien, aber vor allem a) gültig und b) am 24.09. in deinem Wahllokal. Das Ganze kostet dich wahrscheinlich weniger als 30 Minuten Aufwand für die nächsten vier Jahre und du erhältst das gute Gefühl, deine Stimme nicht weggeworfen zu haben!

Wir sind das Volk?

Eine kleine Zahlenspielerei. Als Grundlage und zu Anschauungszwecken wird die Summe der Wahlberechtigten im Jahr 2017 zu Grunde gelegt und die Annahme abgebildet, die AfD hätte ab dem Jahr 2002 die gleiche Anzahl Wähler. Wir nehmen weiterhin an, das Jahr 2009 wäre das 10%-Jahr der AfD gewesen. Beobachten wir also die prozentualen Anteile bei steigender Wahlbeteiligung...

Jahr: Berechtigte: Beteiligung (%) Beteiligung (Wähler) Wähler AfD (Wähler) Wähler AfD (%)
2002 61.500.000 79,1 % 48.646.500 4.354.200 8,95 %
2005 61.500.000 77,7 % 47.785.500 4.354.200 9,11 %
2009 61.500.000 70,8 % 43.542.000 4.354.200 10,00 %
2013 61.500.000 71,5 % 43.972.500 4.354.200 9,90 %
2017 61.500.000
95 %
58.425.000 4.354.200 7,45 %

Klar, diese Tabelle ist voller utopischer Zahlenspiele. Weder war die AfD bisher jemals bemerkenswert an einer Bundestagswahl beteiligt, noch steht fest, wieviel Prozent ihr zugerechnet werden oder ob die Wahlbeteiligung alle Rekorde bricht. Dass die Zweistelligkeit erreicht wird, dürfen wir jedoch angesichts der derzeitigen Trends alle befürchten.

Die simple Aussage hinter dieser Tabelle ist in der letzten Zeile zu finden. Wenn knapp 20% mehr Wahlberechtigte diese verdammten 30 Minuten investieren, um ihr Wahllokal aufzusuchen und ihr Kreuz dort nicht Hellblau zu spendieren, schrumpft „das Volk“ zunächst prozentual kontinuierlich und wird bei zukünftigen Wahlen kaum mehr eine Rolle spielen. „Das Volk“ würde als das enttarnt, was es ist. Ein Haufen pöbelnder, beleidigender, denunzierender und extremistischer Freizeitpolitrandaliker am äußersten rechten Rand der sozialen, denkenden, demokratischen Gesellschaft. Wir erinnern uns an den Absturz der FDP in die Bedeutungslosigkeit. Mit Ausnahme weniger, kleiner Bezirke auf Landesebene fand die FDP in Regierungsnähe jahrelang überhaupt nicht statt. Respekt übrigens an dieser Stelle, Christian Lindner. So viel Zeit muss sein. Ihr Weg und die Visionen der FDP sind nicht zu 100% die meinen. Möge jedoch der harte Weg zurück mit einem Abschluss weit oberhalb des Ergebnisses der Rechtspopulisten belohnt werden.

Was also tun?

Wer in diesem Absatz jetzt die Antwort auf diese Frage sucht, hat die vorherigen Absätze wahrscheinlich noch immer nicht verstanden. Mach's wie Jesus: nimm den Arsch von der Couch für dein Kreuz! Du hast eine Stimme und diese Stimme zählt. Je mehr Stimmen zählen, desto kleiner wird der verblendete Mob, der sich „Das Volk“ nennt. Nur wenn wir alle gemeinsam, ob christlich, liberal, links oder konservativ, ein Zeichen gegen die Rückkehr des politisch Bösen setzen, wird verhindert, was die Welt einfach nicht sehen will. Nicht in Deutschland, nicht auf der Weltkarte. Verhindern wir gemeinsam, dass wir uns bei unseren Auslandsurlauben wieder dafür schämen müssen, wer wir sind. Wir sind keine Wehrmachtsverliebten, verbitterten Rentner mit Dackelkrawatte. Wir sind keine offensichtlich verwirrten und fehlgeleiteten Propagandaschleudern. Wir sind Bürgerinnen und Bürger mit dem Recht zu entscheiden, ob diese Farce unser Land repräsentiert - und sei es nur als Abgeordnete mit einer Handvoll Sitzen im Tempel der Demokratie.

Geh. Raus. Und. Wähle!
Manndoooh!

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