Programmierer sind dicke Kinder aus dem Keller

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Programmierer sind dicke Kinder aus dem Keller. Während der ein oder andere Entwickler das hier liest und gerade wild gestikulierend verneint, sage ich: „Stimmt!“

Aber alles der Reihe nach...

Eigentlich wollte ich, der ich als Autodidakt an die gesamte Thematik Web und Grafik herangetreten ist und heute damit mehr oder minder neben Marketing und PR sein Geld verdient, mich einmal umschauen, wie ich meine Fertig- und Fähigkeiten etwas erweitern könnte. Ich stieß auf eine Seite namens Udemy.com, so es Interessierten ermöglicht wird, Videokurse zu allen möglichen Dingen zu belegen. Mal handelt es sich um fünfstündige Kompaktkurse und mal um Kurse, mit denen man locker über Wochen oder Monate beschäftigt sein würde.

Ich blickte mich also ein wenig um und war auf der Suche nach ein paar Fortgeschrittenenkursen zu PHP oder JavaScript, als plötzlich... dramatisches Paukengetrommel, bitte... ein Kurs in mein Sichtfeld sprang, der mich gleich anfixte: „Der komplette iOS 11 und Swift Entwicklerkurs - Erstelle 15 Apps“. Ich war dafür ja gar nicht dort, aber seit meinem iPhone 4 ließ mich der Gedanke nie los bzw. eher die Frage, wie toll es sein muss, wenn man in der Lage ist, nicht nur Apps, die man selbst gerne hätte, einfach zu entwickeln, sondern auch Apps zu entwickeln, die anderen helfen, Freude bereiten o.ä.

Dummerweise habe ich einen ersten Versuch, mich mit der Materie zu beschäftigen, bereits nach wenigen Minuten aufgegeben. Ein Blick in die damalige Version von XCode, der Entwicklungsumgebung von Apple, und in die Programmiersprache Objective-C begrub meine Hoffnung, die Sprache könnte ja ähnlich zu Dingen sein, die ich bereits kannte. Ich müsse nur eine neue Syntax lernen und fertig. Weit gefehlt. Ich verstand kaum eine Zeile des Codes, den ich mir beispielhaft anschaute. Also ließ ich einfach die Finger davon.

Nachdem ich allerdings auf Udemy das recht sympathische Einführungsvideo gesehen hatte, überlegte ich, ob ich das nicht doch noch einmal versuchen sollte. Dass ich das sogar musste, bemerkte ich erst, als irgendjemand den Kurs gekauft und das erste Video gestartet hatte. Meine Hände sind auch manchmal irgendwie anarcho-autonome Penner!

Und so begab es sich also zu der Zeit, dass ein dicker Junge aus dem Keller mit Neugier, anfänglichem Frust und totaler Überforderung damit begann, die gelehrten Dinge in die Tat umzusetzen. Der Frust kam aber nicht von den Videos. Ich bin ein Mensch, der immer sofort alles können will. Während ich also von der Pike auf durch die hervorragende Schule von Denis Panjuta lernte, was Variablen, Konstanten, Arrays, Booleans oder Funktionen sind, frustrierte mich der Gedanke, dass ich all die Ideen, die seit Jahren in meinem Kopf sind, einfach nicht umsetzen kann, solange ich die Basics studiere. Zwischen den Videos legte ich also immer wieder Versuchsszenarien ein. Ich entschied mich für eine vermeintlich simple App, die ich als erstes entwickeln wollte. Ein Prozentrechner. Nicht einfach ein Rechner, der einem seelenlos die Ergebnisse ausspuckt. Das habe ich wohl von meinem Vater gelernt: ich will nicht vorkauen, ich will, dass Menschen verstehen, was sie tun. Also sollte es eine App werden, mit der man nicht nur Prozentrechnen schnell und simpel betreiben kann, sondern in der das Prozentrechnen auch schnell und simpel gelernt werden kann. Ich kenne etliche Leute, die einen fragend anblicken, wenn man so etwas sagt wie: „Das sind vielleicht 60%.“ oder: „15% Rabatt ist schon ganz gut.“ Es gibt so viele Menschen, die darunter leiden, dass sie in der sechsten Klasse einen Lehrer hatten, der mit Genuss seine Überlegenheit zum Ausdruck gebracht hat. Man will meinen, es gab in meiner Generation kaum Lehrer, die es wirklich verstanden, Schutzbefohlene zu unterrichten. Das wollte ich ändern.

Jede neue Erkenntnis wurde also gleich in XCode - übrigens heute in der Programmiersprache Swift 4, die Objective-C abgelöst hat - getestet und für die eigenen Zwecke zum Einsatz gebracht. Und wenn es nur wenig neues Wissen in einem nur achtminütigen Video gab... in der eigenen App Dinge zu vertiefen, schafft ganz neue Lernfähigkeiten. Habe ich schon früher so gemacht: lesen, wiederholen, lesen, abschreiben. Danach saß das Meiste auf den Wortlaut genau.

Wenn sich also der ein oder andere jetzt fragt, warum es hier so lange so still war: Denis war's! Aber Spaß beiseite. Ich habe schon oft gehört, dass Programmierung Menschen in einen Bann zieht. Entweder man kann damit überhaupt nichts anfangen oder es übt eine kuriose Faszination auf dich aus. Letzteres ist wohl bei mir der Fall. Jeden Abend, wenn Frau und Kind ins Bett gehen, sitzt der Papa mit der Kiste auf dem Schoß im Wohnzimmer, schaut sich die nächste Lektion an und adaptiert das Gezeigte auf sein eigenes, kleines Projekt. Die hierbei entstehenden Herausforderungen konnten bisher auch abseits der Videos gelöst werden. Eines der Dinge, die man recht schnell lernt: fragst du 3 Entwickler nach der Lösung eines Problems, hast du 3 Lösungsvorschläge und mindestens drei neue Probleme. So sehr ich diese Situation hasse, so sehr liebe ich es gleichzeitig, dabei wiederum neue Dinge kennenzulernen. Ich habe beispielsweise erfahren, wie ich eine App daran hindere, abzustürzen, wenn ich in ein Zahlenfeld mit einer deutschen Tastatur eine Kommazahl eingebe. In der englischen Programmiersprache wird natürlich der Punkt verwendet - das Komma dient als Tausender-Separator. Die Lösung, die ich fand, beschrieb eine Extension, die zu schreiben ist, damit bestimmte Werte sich an dieser Erweiterung orientieren. Superlösung! Aber wie zum Teufel schreibt man eine Extension?! Die Lösung hierfür war wiederum erstklassig und ich war in der Lage, eine Extension nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Das Problem: wie zum Teufel nutzt man eine Extension?! Es ist ein Teufelskreis, aus dem man kaum aussteigen kann, aber es macht verdammt viel Spaß. Auch, wenn der Puls gelegentlich mal aus dem Dachfenster springt.

Wir wollen realistisch bleiben. Ich bin nicht einmal bei der Hälfte des Videokurses angekommen, obwohl ich in den letzten vier Wochen jeden Abend stundenlang damit verbracht habe (und mit den Exkursen in mein eigenes Projekt, wie gesagt). Ich bin mehr als nur weit davon entfernt, eine richtig gute App zu entwickeln, für die man womöglich noch Geld verlangen kann. Mein Prozentrechnen-Projekt ist jedenfalls umsonst. Ich bin der Meinung, dass Bildung nichts kosten darf. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich angesichts der etlichen Stunden, die ich in diese App gesteckt habe, etwas mit den Zähnen geknirscht habe, als ich bei der Übermittlung an den Apple Store „kostenlos“ angeklickt habe. Aber es sei, wie es die Ideale wollen: Bildung darf nichts kosten!

Die Übermittlung einer App an Apple ist übrigens beinahe genauso aufwändig wie die Entwicklung selbst. Da bist du Stolz wie'n kleiner Bagger auf 'ner großen Baustelle, weil du eine eigene App erstellt hast, die wunderbar funktioniert und dann liest du dir den Guide durch, wie du eine App in den App Store bringst. Was man dazu braucht: Kaffee, Sitzfleisch, Nervenspielzeug, Grafikprogramm für Logo- und Icon-Design... und Kaffee. Hatte ich Kaffee? Ja.

Vor etwas mehr als einer Stunde habe ich jedenfalls die App an Apple übermittelt und warte nun darauf, dass sei abgelehnt wird. Das ist nicht pessimistisch, sondern realistisch. Es ist nämlich nicht selten, dass Apps abgelehnt werden. Wahrscheinlich, weil man hier oder dort einige Guidelines verletzt hat oder weil in irgendeinem Test-Szenario, das man privat nicht nachstellen konnte, etwas abstürzt, fehlerhaft dargestellt wird oder sonst was. Apple selbst schreibt in seiner E-Mail, dass 50% aller eingelieferten Apps binnen 24 Stunden abschließend geprüft werden. Gar 90% binnen 48 Stunden. Ich hege also die leise Hoffnung, dass übermorgen eine E-Mail kommt, die all die Dinge anzeigt, die ich bei meinem Erstlingswerk falschgemacht habe ;-).

Sollte es die App dann irgendwann schaffen, im App Store zu erscheinen, wird dies auf dieser Seite natürlich feierlich Erwähnung finden. Leider (naja...) habe ich weder ein Android-Gerät im Haus, noch irgendeinen Plan, wie unter Android entwickelt wird. Das bedeutet: wer ein solches Gerät besitzt, wird meine App leider nicht verwenden können. Gerüchten zufolge ist Google allerdings dabei, Swift als Programmiersprache für Android zuzulassen. Da sähe die Welt dann wieder etwas anders aus. Ein Android Gerät bräuchte ich dann allerdings immer noch...

Wer übrigens Sätze mit dem Wort „So“ beginnt, hat wenig zu sagen, weist aber gerne darauf hin, dass er/sie ein Macher ist.

So. Damit war's das dann auch für heute. Ich freue mich jedenfalls auf viele weitere, spannende Lektionen von Denis Panjuta und bin gespannt, ob ich all die Ideen, die mir so durch den Kopf geistern, irgendwann ansatzweise umsetzen kann. Ich stelle mir jetzt einen Reminder ein, so dass ich in genau einem Jahr an dieser Stelle berichten werde, wie weit ich auf dieser Reise gekommen bin. Vielleicht schreibe ich die Zeilen dann nicht aus einem dunklen Home-Office in Waltrop, sondern aus einem dunklen Home-Office in Dortmund. Wir wollen ja nicht gleich übertreiben ;-).

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